Nicht islamkonform: gekühlter Strand in Dubai

Dubai (BZZ) – Es könnte ein verfrühter Aprilscherz oder Thema für einen rheinischen Karnevalsumzug sein, doch es ist die neueste Geschäftsidee vom Persischen Golf. Nicht einmal der regierungsnahe Dubai-Newsletter wollte im beginnenden Krisenjahr 2009 für das neueste Projekt des heimischen Luxushotel Palazza Versace die Werbetrommel rühren. Mitten im Weihnachtsurlaub schockten die cleveren Vermarkter des Jetset-Hotels die Welt mit der Sensation, dass sie den ersten gekühlten Strand der Welt erbauen wollen.

Sogar die arabische Lokalpresse spottete, damit werde endlich gewährleistet „dass sich die Noblesse nicht ihre zarten Füßchen am heißen Sand verbrennt“. Europäische, vor allem bri­ti­sche Umweltschützer sind bereits auf die Barrikaden gegangen und haben weltweit mit Proteststürmen gegen das Emirat gedroht, so dass eine Umsetzung fragwürdig ist. Im Zeichen der globalen Erwär­mung und des Klimaschutzes sowie mit Blick auf eine neue Umweltpolitik in Washington, wäre es nicht mehr zu vermitteln, dass am Golf Energie darauf verschwendet wird um heißen Sand zu kühlen.

Luxushotels sind der jüngste Versuch von Versace, die Bedürfnisse der Reichsten der Rei­chen zu befriedigen. Versace ist ein weltweit bekanntes italienisches Modelabel, das 1978 von Gianni Versace gegründet wurde. Nach dem Tod des Gründers anno 1997 übernahmen seine Geschwister Santo und Donatella Versace die Leitung des Unternehmens. Zur extra­vaganten Mode, die in Farben und Luxus schwelgt und die seit 1995 von US-Showstar Ma­don­na repräsentiert wird, kamen Taschen, Schuhe, Schmuck, Geschirr (in Zusammenarbeit mit der deutschen Rosenthal AG), Fliesen für Wand und Möbel, Wohn­accessoires und Parfüms hinzu. Luxushotels in Australien und nun auch am Golf ergänzen die Palette.

Der gekühlte Strand soll neben den neuen Palazzo Versace Hotel gebaut werden, wo im Sommer Temperaturen von durchschnittlich 40° C und 50° C herrschen. Dazu wird unter dem Wüstensand ein Netz von Rohrleitungen vergraben und mit einem Kühlmittel befüllt, um die Wärme von der Oberfläche aufzunehmen. Der geräumige Swimming Pool des Hotels soll inmitten des gekühlten Wüstensandes in einer Art großem Kühlschrank gelagert werden und britische Architekten haben den Bauherren bereits Pläne vorgelegt, um durch die In­stal­lation von gewaltigen Gebläsen eine sanfte Brise über den gekühlten Strand wehen zu lassen.

Die Londoner Times meinte zu dem Projekt unterkühlt, es werde wahrscheinlich weltweit die Umweltschützer wütend machen, die erst kürzlich im polnischen Posen über den Abbau von Treibhausgas-Emissionen beraten hatten. Parallel zur Botschaft aus Dubai hat das „Met Office“ des Vereinigten Königreiches einen Bericht mit der Warnung publiziert, wenn die Treibhausgasemissionen weiter steigen, könnte die Welt sich bis 2100 um 5,5° C erwärmen. Ineffiziente Gebäude seien eine der weltweit größten Quellen für Treibhausgase.

Soheil Abedian, Gründer und Präsident der Sunland Group und des Palazzo Versace, will diese Kritik nicht ak­zeptieren. Seiner Meinung nach ist es möglich, einen gekühlten Strand wirtschaftlich und ökologisch nachhaltig zu betreiben. „Wir saugen die Wärme aus dem Sand bis er kühl genug ist“, sagte er der Londoner Times. „Dies ist die Art von Luxus, welche Top-Leute wollen.“ Hyder Consulting, eine britische Bau-Beratung, ist für die Überwachung der Technik des Projektes zuständig. Das Hotel soll vor allem im Vereinigten Königreich stark beworben werden, wo das Emirat Dubai, bis Dezember 1971 eine britische Kolonie, ein beliebtes Urlaubsziel ist und pro Jahr über 800.000 Briten anlockt. Auf den künstlichen Palmen­inseln vor der Küste haben sich David Beckham und die halbe englische Fuß­ball­nationalmannschaft Eigentumswohnungen und Häuser gekauft. Die Firma von Abedian begann ihre Zusammen­arbeit mit dem Luxusartikler Versace vor zehn Jahren mit der Idee, die erste Kette von „Mode-Lifestyle-Resorts“ der absoluten Luxusklasse zu erschaffen. Das erste Palazzo Versace ist bereits an Australiens Gold Coast in Betrieb gegangen und das Dubai-Hotel wird das zweite sein, wenn es Ende diesen Jahres oder Anfang 2010 öffnet. Das 10-stöckige Hotel hat 213 Zimmer, einige mit ihren eigenen internen Schwimmbäder, sowie 169 Apartments. Fünfzehn mehr solche Hotels sind weltweit geplant. Die Sunland Group ist in Australien beheimatet und wurde 1983 von Soheil Abedian gegründet. Inzwischen gehört sie mit einem Portfolio von 3,3 Milliarden EUR zu den „Top 200“ der australischen Börse. Abedian ist im Iran geboren, verließ das Land bereits zu Zeiten des Schah, erwarb in Österreich ein Diplom in Architektur und emigrierte 1981 nach Australien.

Die Londoner Times konstatiert, dass der Wettbewerb um die Reichen der Welt immer inten­siver werde, vor allem in Dubai. Die Stadt verfüge schon heute über das weltweit erste Sieben-Sterne-Hotel, das Burj Al Arab, und auch Armani, Konkurrent von Versace, baue in Dubai eine ähnliches Luxusherberge. Diesen wolle Versace in der Schlacht um Luxus-Lifestyle um jeden Preis toppen. Dafür ist nichts zu teuer und das Kühlsystem am Strand wird durch eine Vielzahl von Thermostaten überwacht, die ein leistungsstarker Computer vollautomatisch steuert.

Umweltschützerin Rachel Noble, bei der britischen NGO-Organisation TourismConcern für Kampagnen zur Förderung eines nach­haltigen Tourismus zuständig, zeigte sich von den arabischen Plänen erschüttert. Projekte wie das von Versace würden dazu beitragen den Klimawandel noch zu beschleunigen und in den Entwicklungsländern die Armut noch zu vergrößern. „Dubai ist mitten in unserer Welt wie eine Blase, in der Dinge, die für den Rest der Welt Besorgnis erregend sind, wie der Klimawandel, einfach ignoriert werden, so dass die Menschen ihren zerstörerischen Lebensstil einfach fortsetzen“, sagte sie. Gefördert durch billiges Öl und Gas, im werden im Mittleren Osten enorme Ressourcen zur Kontrolle der Temperatur benötigt. Über 60% von Dubais gewaltiger Energierechnung wird für Klimaanlagen ausgegeben. Jede Person, die im Emirat lebt, produziert einen Ausstoß von mehr als 44 Tonnen CO2 pro Jahr.

Auch mehrere islamische Organisationen haben inzwischen das Emirat am Golf wegen seiner verschwenderischen Luxusprojekte heftig kritisiert. Der Minister für Umwelt und Wasser der Vereinigten Arabischen Emirate, Dr. Rashid Ahmed Bin Fahd, gerät zunehmend unter Druck. Er hatte bereits bei der Dritten Islamischen Konferenz der Umweltminister, die im Oktober im marokkanischen Rabat unter der Schirmherrschaft von König Mohammed VI. abgehalten worden war, einen schweren Stand. Unter dem Titel „Verringerung der Aus­wir­kungen des Klimawandels auf die islamischen Länder“ waren Fragen der Umwelt und der nachhaltigen Entwicklung in der islamischen Welt erörtert worden. Dabei wurde beschlos­sen, die Empfehlungen des Dschidda-Konferenz über nachhaltige Entwicklung weiter zu ver­folgen. Bin Fahd sagte in Rabat, bereits die Beteiligung der VAE spiegele die Bereitschaft der Emirate am Golf zur Zusammenarbeit zwischen den islamischen Staaten zum Schutz der Umwelt. Gekühlter Wüstensand für eine kleine Gruppe Schwereicher dürfte diese Aussage nachträglich konterkarieren. Ein einziges Machtwort von Muhammed bin Raschid Al Maktum, Herrscher des Emirats Dubai und Premierminister, Verteidigungs­minister sowie Vize­präsi­dent der Vereinigten Arabischen Emirate, dürfte jedoch genügen, um aus den hoch­tra­ben­den Plänen von Versace und Soheil Abedian über Nacht Makulatur werden zu lassen.

16.01.09 / 005