Durchbruch für Islamic Banking in Frankreich

Straßburg (BZZ) – Wenige Wochen nach einer Ankündigung der französi­schen Wirt­schafts­ministerin Christine Lagarde, die Regierung werde sich darum bemühen, dass neben London auch Paris zu einem Finanzplatz für Islamic Banking werde, kündigte die Universität Straßburg an, sie werde als erste Hochschule im Land einen Studiengang in Islamic Finance anbieten. Vergangene Woche hielt der Ökonom Muhammad Boudjellal, Professor an der Fakultät für Wirtschafts- und Management im algerischen Sétif, bereits den Inaugurationsvortrag. Die Zeit eilt, will Frankreich im Wettbewerb mit den Briten aufholen.

Der muslimische Referent hatte keine Mühe, den Bezug zur Tagesaktualität herzustellen, denn in New York war die internationale Krise der Finanz­wirtschaft gerade auf ihrem Höhepunkt angelangt. „Die Welt wäre besser, wenn bestimmte Regeln befolgt würden“, meinte der Experte der islamischen Finanzwirtschaft dazu und kam auf die westlichen Banker zu sprechen, deren arrogantes Verhalten eine nunmehr geplatzte Spekulationsblase erzeugt hatte. Muhammad Boudjellal hat eines der seltenen französischsprachigen Standardwerke geschrieben, mehrheitlich ist heute die Fachliteratur neben Arabisch vor allem in Englisch abgefasst.

Etwas mehr als ein dutzend Bewerber sind nach vier absolvierten Semestern zu diesem neuen Studiengang der Management-Schule der Robert Schuman-Universi­tät, der einen Zyklus von 405 Stunden umfasst, zugelassen worden. Professeur Michel Storck, Direktor des Zentrums für Unternehmens­recht, verwies auf eine Partnerschaft mit der britischen Universität Durham, die innerhalb eines Jahres den Start der neuen Disziplin ermöglicht habe. Dafür gäbe es inzwischen „ein intensives Bedürfnis sich Kompetenzen anzueignen und Forschung zu betreiben“. Der Bedarf liege, sowohl in Frankreich als auch auf internationaler Ebene, nicht nur auf dem Finanz­sektor, sondern auch in der Immobilienwirtschaft. Auch die Nachbarn sind schon auf Straßburg auf­merksam geworden. „Luxemburg sieht unsere Initiative mit dem Interes­se „, erklärte Professor Storck. Die Management-Schule in Straßburg, die Michael Kalik leitet, hatte keine Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von Dozenten aus den Reihen der Banken und des Marketing. Mehrere Universitäten in der islamischen Welt sagten ebenfalls Unterstützung zu.

„In den 70er Jahren prognostizierte man das Verschwinden der islamischen Finanzinstitutionen, aber heute gedeihen sie in 65 Staaten“, sagte Professor Boudjellal. Ihre Zahl werde auf 700 geschätzt und sie verwalteten bereits eine Milliarde US-Dollar an Vermögen. Ein Wachstum erfordere allerdings Anpassungen der nationalen Bankengesetze, weshalb das Islamic Banking nicht immer gut aufgenommen werde, auch nicht in einigen muslimischen Ländern. Heute gehe man davon aus, dass der islamische Finanzmarkt, auch wenn er im Vergleich zum konventionellen Kapitalismus nur marginal sei, eine jährliche Wachstumsrate von 15% aufweise.

Im Gegensatz zu Großbritannien kann Frankreich noch nicht viele eigene Beispiele für islamische Finanzprodukte vorweisen. So nannte der algerische Referent die SGAM, eine Tochter­ge­sellschaft der Vermögensverwaltung der Société Générale mit zwei Fonds, die für den Markt der Insel La Réunion entwickelt worden sind. Großbritannien, das schon länger dem Islamic Banking offenen Vorschub leistet, habe einige Längen Vorsprung auf die Frankreich und London setze als Finanzplatz in Europa auch die Maßstäbe für Islamic Finance. Wirtschaftsministerin Christine Lagarde hatte jedoch eine „Klärung“ seines steuerlichen und rechtlichen Status in Frankreich an­ge­kün­digt und eine Podiumsdiskussion des Finanzausschusses des Senats hatte das Potenzial für die Entwicklung des Islamic Banking in Frankreich betont.

22.09.2008 / 110